Die Deutsche Keramische Gesellschaft (DKG) wurde 1919 gegründet und besteht als Verein seit 1920. Die Technisch-Wissenschaftliche Abteilung (TWA), als Vorgängerorganisation der DKG, wurde bereits 1913 gegründet. Hier erfahren Sie Weiteres über die mehr als einhundertjährige Geschichte unserer Gesellschaft.
Der Ursprung
Technisch-Wissenschaftliche Abteilung (TWA) im Verband der Keramischen Gewerke (VKG) in Deutschland (1913-1918)
Am 13. Juni 1913 fand im Hörsaal des Technisch-Chemischen Instituts der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin, die konstituierende Sitzung der "Technisch-Wissenschaftlichen Abteilung" des VKG in Deutschland statt. Der Vorsitzende des Verbands keramischer Gewerke, Herr Generaldirektor Dr. Roger von Boch-Gahlau (Bild) eröffnete die Sitzung mit folgenden Worten:
"Als Vorsitzender des Verbands keramischer Gewerke in Deutschland liegt mir die angenehme Pflicht ob, Sie alle, die Sie hier zu der Eröffnungs-Sitzung der wissenschaftlich-technischen Abteilung erschienen sind, auf's herzlichste zu begrüßen und Sie willkommen zu heißen.“
Bereits zur Gründung traten 69 Firmen der TWA bei sowie 14 Einzelmitglieder und 27 Vertreter von Wissenschaft und Lehre. Den Vorsitz übernahm der Direktor der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin, Herr Dr. Heinecke. Von Beginn an bildeten wissenschaftliche Vorträge einen wichtigen Teil der Hauptversammlungen. Als Publikationsorgan zur Berichterstattung über die Haupt- und Nebenversammlungen wurden die „Berichte der Technisch-Wissenschaftlichen Abteilung“ (jetztVerbandszeitschrift cfi/Berichte der DKG) ins Leben gerufen.
Die Gründung
Am 29. September 1919 wurde durch den Vorsitzenden des Verbands keramischer Gewerke in Deutschland (VKG), Herr Geh. Kommerzienrat Dr. Ing. h. c. Rosenthal (Bild) eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Im geschäftlichen Teil verwies der Vorsitzende auf die Neuorganisation der VKG und die damit verbundene Notwendigkeit, auch die TWA umzugestalten. Als wesentlichen Grund nannte Herr Dr. Rosenthal, dass nur durch einen konsequenten Zusammenschluss aller technisch-wissenschaftlichen Förderungsmöglichkeiten der an der keramischen Industrie interessierten Kreise deren Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu erhalten sei. Daher müsse in einem ersten Schritt die TWA einen vorläufigen Vorstand und einen vorläufigen Arbeitsausschuss wählen, denen die Aufgaben zufielen, eine neue Satzung zu erarbeiten und sie einer später einzuberufenden Mitgliederversammlung zu unterbreiten. In dieser Mitgliederversammlung wurden als vorläufige Vorstände gewählt:
Die erste Hauptversammlung (1920)
Am 04. September 1920 begrüßte Herr Dr. Heine in Vertretung von Herrn Prof. Reisenegger zahlreiche Gäste und Vertreter aus dem Reichspatentamt, des Reichskohlenkommissars, der Brennkrafttechnischen Gesellschaft, des Vereins Deutscher Ingenieure, vieler Hochschulen, der Presse und alle anwesenden Mitglieder im Hotel Bellevue in Dresden. Herr Dr. Heine setzte die Teilnehmer der Versammlung davon in Kenntnis, dass in einer am Vormittag stattgefundenen Sitzung der Technisch-Wissenschaftlichen Abteilung des Verbands Keramischer Gewerke in Deutschland die Auflösung und ihr Übergang in eine unabhängige Deutsche Keramische Gesellschaft, unter gleichzeitiger Übernahme des Vermögens der Vorgängerorganisation, einstimmig beschlossen wurde.
Anschließend ergriff Herr Dr. Uhlitzsch das Wort (Auszüge aus seiner Rede):
Meine Herren!
In der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Verbandes keramischer Gewerke in Deutschland am 29. September 1919 in Berlin wurde in naturgemäßer Folge der Änderung des Verbandes auch die Neuorganisation der technisch-wissenschaftlichen Abteilung begonnen. Es wurde zunächst ein vorläufiger Vorstand und ein vorläufiger Arbeitsausschuss gewählt und diese Organe mit dem Entwurf einer Satzung beauftragt. Bei Aufstellung der Satzung sollte daran festgehalten werden, dass die Organisation in getreuer Verfolgung der seit ihrer Gründung im Jahre 1913 hochgehaltenen Grundsätze der Technisch-Wissenschaftlichen Abteilung weiter arbeiten soll.
Diese sind:
- Die Förderung der Keramik in technischer, wissenschaftlicher und künstlerischen Beziehung; die Zusammenführung von Theorie und Praxis in allen keramischen Fragen und die Anregung, alle vorhandenen keramischen Kenntnisse in Wort und Schrift zu ergänzen, zu bereichern und damit den Kreis der keramischen Interessenten zu erweitern. […]
- Ebenfalls hat die Gesellschaft durch die Bündelung aller Kräfte mit dafür Sorge zu tragen, dass dem Nachwuchs eine gediegene fachliche Ausbildung verschafft wird. […]
- Diese Ziele machen es erklärlich, dass sich nach übereinstimmender Ansicht die Arbeit der neuen Gesellschaft nicht nur auf das Gebiet der Feinkeramik beschränken kann, sondern sich auf das Gesamtgebiet der Keramik wegen der zahlreich ineinander laufenden Interessen auszudehnen habe.
- Dem Entwurf der Satzung der TWA wurde in der Vorstandssitzung des Verbandes Keramischer Gewerke in Deutschland am 21. Januar 1920 in Berlin zugestimmt und beschlossen, dass die neue Organisation ab sofort den Namen Deutsche Keramische Gesellschaft (DKG) annimmt. Nach der Satzung obliegt nunmehr die gesamte Verwaltung der Gesellschaft in den Händen des Vorstandes, des Arbeitsausschusses und dieser Mitgliederversammlung.
Am 05. September 1920 wurden in der 1. DKG-Hauptversammlung die ersten Vorstände der Gesellschaft gewählt und einstimmig bestätigt:
1. Vorsitzender: Herr Prof. Dr. Reisenegger, Berlin
2. Vorsitzender: Herr Direktor Dr. Heine, Bonn
3. Vorsitzender: Herr Dr.-Ing. Singer, Selb
Unsere Geschichte (ein kurzer Abriss seit 1920)
1920 fand neben der ersten Herausgabe der „Berichte der DKG“ zeitgleich die erste Jahrestagung und die 1. Hauptversammlung der DKG statt, die wissenschaftliche Vorträge mit Betriebsbesichtigungen kombinierte. Zwei Jahre nach der organisatorischen Trennung vom Verband der Keramischen Gewerke (VKG) erfolgte der Wechsel der Geschäftsstelle von Bonn nach Berlin.
Erste Arbeitsschwerpunkte unter dem 1. DKG-Präsidenten Herr Prof. Dr. Reisenegger, Leiter des Technisch-Chemischen Instituts der TH Berlin war die keramische Nachwuchsförderung und der Ausbau der Fachschulen.
Unter Führung der DKG wurde das erste akademische Keramik-Studium in Deutschland ins Leben gerufen. Den ersten Keramik-Lehrstuhl richtete die DKG in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien an der TH Berlin-Charlottenburg ein. Ein weiterer Erfolg war, dass die „Technisch-Chemische Versuchsanstalt“ bei der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Berlin als Hochschulinstitut anerkannt wurde, mit der Berechtigung, Diplom- und Doktorarbeiten anzunehmen.
Gemeinsam mit Herrn Steger und Herrn Hecht sorgte der auf diesen ersten Lehrstuhl berufene Herr Prof. Dr. Rieke für die Etablierung der Keramik auf einem wissenschaftlichen Niveau. Die ersten Abgänger dieser universitären Einrichtung waren ausgerüstet mit der geistigen Grundlage, die nicht nur wesentliche Fortschritte für die deutsche Keramikindustrie ermöglichte, sondern diese auch im globalen Maßstab technisch und wissenschaftlich führend machte.
1925 wurde der „Wissenschaftliche Beirat der DKG" ins Leben gerufen. Sonderausschüsse – die Vorläufer der heutigen DKG-Fach- und Fachgebietsausschüsse – beschäftigten sich seither mit einzelnen Fachbereichen wie z. B. Rohstoffen, Materialprüfung und Maschinentechnik etc.
Die Erfolge der DKG zeigten sich in einem regen Zuspruch aus Industrie, Wissenschaft und Lehre. Bereits Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts waren auf den DKG‑Jahreshauptversammlungen (heute DKG-Jahrestagungen) regelmäßig mehr als 500 Personen anwesend.
Erste Ehrungen nahm die DKG 1929 in Heidelberg vor. Dort verlieh sie erstmalig die Seger- und die Böttger-Plaketten an verdiente Mitglieder und Keramiker. Unter den Präsidenten Herrn Fellinger (1929‑37) und Herrn Willach (1937‑45) wurden satzungsgemäß auch die Grobkeramik und weitere Bereiche der Keramik in die DKG integriert.
1944 wurde die DKG per NSDAP‑Beschluss aufgelöst und in den NS‑Bund Deutscher Technik zwangseingegliedert.
Konnte die DKG vor dem 2. Weltkrieg mehr als 1.150 persönliche Mitglieder und mehrere hundert juristische Mitglieder zählen, erlitt die Gesellschaft, kriegsbedingt, große personelle Verluste. Das gesamte Berliner Institut wurde durch Bomben zerstört. Herr Prof. Dr. Rieke starb während des Krieges und mit Kriegsende wurde die DKG – wie alle Verbände – zwangsaufgelöst.
Eine Neugründung der DKG war erst am 19. März 1949 auf bizonaler Ebene in Deutschland möglich.
Ohne den großen persönlichen Einsatz von Herr Dr. Guilleaume (Bild rechts/Geschäftsführender Gesellschafter der Schleifscheibenfabrik Dr. O. Goertz und W. Guilleaume, Bonn) wäre die Geschichte der DKG nach dem 2. Weltkrieg beendet. Aufgrund seiner Verdienste um die Neugründung der DKG wurde Herr Dr. Guilleaume in der ersten DKG‑Jahreshauptversammlung der Nachkriegszeit zum neuen Präsidenten des Verbands gewählt. Unter Dr. Guilleaume wurde die DKG bereits wieder 1950 in die Europäische Vereinigung Keramischer Verbände (CIC) aufgenommen. Unter seiner Präsidentschaft gelang es, dass die DKG als Ausgleich zu den Verlusten der Ausbildungsstätten in Berlin, Breslau und Bunzlau die keramischen Forschungsanstalten in Aachen, Clausthal und das Institut für Silicatforschung in Würzburg neu gründete bzw. wieder öffneten.
In den 1950er-Jahren wurde die Geschäftsstelle des Vereins unter Herrn Knauf zunächst nach Bonn und dann nach Bad Honnef (1959) verlegt. Die Schriftleitung und Koordination der wissenschaftlichen Arbeiten wurde unter Herrn Dietzel in Würzburg situiert.
Herr Dr. Dr.-Ing. e. h. G. Cremer übernahm für zwölf Jahre (1957‑69) den Vorsitz der DKG. Seine Verdienste bestanden insbesondere in der konsequenten Weiterführung der Nachwuchsförderung, der Unterstützung des keramischen Kunsthandwerks und in der Reintegration der deutschen Keramik in das internationale Geschehen. Unter Herrn Dr. Cremer gelang es der DKG, den VI. Kongress der CIC in Wiesbaden zu organisieren und damit letztendlich die Präsenz der deutschen Keramik nach dem 2. Weltkrieg international wieder herzustellen.
Nach der Wiederbelebung der akademischen Forschung und Lehre widmete sich die DKG ab dem Jahre 1961 verstärkt den Ingenieur- und Fachschulen. Grund dafür waren die Strukturänderungen in der Industrie – weg von den Meister- hin zu den Ingenieurbetrieben. Die DKG musste zusammen mit ihren Partnern dafür Sorge tragen, dass die wissenschaftlich-technische Entwicklung in der Keramik (u. a. durch die Etablierung der Technischen Keramik) auch in der Ausbildung nachvollzogen wurde. Ende der 1960er-Jahre wurde daher zusätzlich die Ausbildung zum „Keramik-Techniker“ ins Leben gerufen.
Um 1965 erreichte die DKG wieder die Mitgliederstärke der Vorkriegszeit um 1939. Mehr als 500 Teilnehmer kamen regelmäßig zu den DKG-Jahrestagungen, die nun auch im deutschsprachigen Ausland durchgeführt wurden, so beispielsweise in Basel, Salzburg und Luxemburg.
Mitte der 1970er-Jahre, nach wirtschaftlichen Herausforderungen innerhalb der DKG, gelang es dem Präsidenten Herrn Lehmann und dem Geschäftsführer Herrn Hartinger durch verschiedene Maßnahmen, wie z. B. der redaktionellen Auslagerung der Verbandszeitschrift "Berichte der DKG" in den Bauverlag, die Gesellschaft bis 1981 wieder finanziell zu konsolidieren.
1984 übernahm Herr Dr Blumenberg die Geschäftsführung (1984‑2011) von Herrn Rechenberger (1981‑84) und verlegte die Geschäftsstelle von Bad Honnef nach Köln. Unter Herrn Dr. Blumenberg gelang der DKG die erfolgreiche Eingliederung der fachlichen Aktivitäten aus Industrie, Wissenschaft und Lehre aus den Gebieten Mitteldeutschlands (umgangssprachlich: neue Bundesländer), die vor dem II. Weltkrieg zu den aktivsten, keramischen Regionen zählten.
Zeitgleich trug Herr Prof. Hausner (Präsident 1987‑91) zur weiteren Internationalisierung der DKG bei. So wurde 1989 die DKG ein Gründungsmitglied der Europäischen Keramischen Gesellschaft (ECerS). Ebenfalls wurde die Gesellschaft Gründungsmitglied der International Ceramic Federation (ICF). Herr Prof. Hausner wurde zum zweiten ECerS-Präsidenten (1989‑91) und zum dritten ICF‑Präsidenten (1993‑95) wiedergewählt. Darauf aufbauend konnte sich die Gesellschaft unter den Präsidentschaften von Herrn Schmidt (1991‑95), Herrn Dr. Walter (1995‑99), Herrn Prof. Dr. Schulle (1999‑2003), Herrn Prof. Dr. Heinrich (2003‑07) und Herrn Prof. Dr. Telle (2007‑11) kontinuierlich weiterentwickeln.
2011 ging Herr Dr. Blumenberg in den Ruhestand und Herr Dr. Nicklas übernahm die Geschäftsführung der DKG. Die gesamte zweite und der Beginn der dritten Dekade des 21. Jahrhunderts war geprägt von neuen Herausforderungen an die Industrie, Wissenschaft und Lehre; dazu drei Beispiele:
Heute ist die DKG wieder die mitgliederstärkste, keramische Gesellschaft in Europa und hat ihren festen Platz in der nationalen und internationalen (keramischen) Gemeinschaft eingenommen. Seit mehr als 100 Jahren ist die Gesellschaft das Forum für alle technisch-wissenschaftlichen Fragen zum Thema Keramik. Die DKG‑Mitglieder pflegen und unterhalten damit ein einzigartiges kermisches Netzwerk zwischen Anwendern, herstellende Industrien, Zulieferindustrien, Forschung, Wissenschaft und Lehre. Die Gesellschaft ist ein gefragter Ansprechpartner für den Werkstoff Keramik in der Welt.
KERAMIK - Werkstoff der Menschheit!
Quelle: H. Reh: Die DKG und die deutsche Keramik-Geschichte. In: cfi/Berichte der DKG 71 (1994) No. 7, 351-359. Ergänzungen: DKG (2011 - 2022)